Der Untergang des niederländ. Volksliedes

Herman Wirth befaßte sich bereits während seines Studiums mit kulturhistorischen und . volkskundlichen Fragen. Selbst beim Musikstudium entdeckte er die Bedeutung von ethnischer Eigenart und Tradition. Auch Fragen der sozialen Entwicklung fanden sein Interesse. Seine erste wissenschaftliche Veröffentlichung (1911) hieß „Der Untergang des niederländischen Volksliedes“. Dazu schrieb er 16 Jahre später: „Diese Arbeit war ein Versuch zur Ergründung jener Ursachen, welche den Untergang meiner heimatlichen, nordniederländischen Volksliedkunst herbeigeführt hatten, deren Schönheit uns noch aus den Meisterwerken der Farben des 17. Jahrhunderts entgegentönt, einer verschollenen Welt wuchtigst-rhythmischer und tiefsinniger Spielmannsweisen… Diese Volksliedkunst war einst das lebendige Wurzelwerk, aus dem jene unvergleichliche Wunderblüte der niederländischen mehrstimmigen Tonkunst, die Gotik der Töne, die ‚absolute Musik‘ erwuchs, welche das ganze Abendland als Offenbarung der Unendlichkeit des Ewigen erfüllte und deren letzter herrlicher Ausklang Johann Sebastian Bach war … Dem jugendlichen Forscher, der mit heißer Liebe für die große Vergangenheit seines kleinen Mutterlandes und Volkes erfüllt war, gelang es wohl, die geschichtlichen Ursachen jener Vernichtung der niederländischen Volkskultur in allen ihren tragischen Folgen aufzudecken … Aber das Wesen selber zu ergründen, blieb dem Verfasser bei dem Stand des damaligen philologisch-geschichtlichen Studiums versagt.“ (1)

In einer Kritik zu dieser Arbeit heißt es: „Das Buch enthält nicht nur literarisches Material, sondern setzt beständig damit in Zusammenhang die großen treibenden kulturellen, religiösen und sozialen Kräfte; neben theoretischer Anregung und Belehrung bietet es auch für die praktische Politik beherzigenswerte Folgerungen und aufschlußreiche Gesichtspunkte.“ (2)

In den Jahren 1915 – 1925 gab Wirth sogar große öffentliche Konzerte zumeist alter und oft vergessener Meister mit Gesang- und Instrumentaldarbietungen, oft auf alten Instrumenten. Dabei hielt er häufig Vorlesungen über Musikgeschichte, Volkslied und Volksüberlieferungen zur Musik sowie über ihre Zerstörer und ihre Bewahrer. (3)

Quelle:
1) HW „Aufgang der Menscheit“, Eugen Diederichs, Jena (1928) S.14
2) Prof. Dr. A. Kopp in „Zeitschrift für deutsche Philologie“ 44 (1912) S.378-383
3) Dr. E. Baumann „Herman Wirth -Schriften, Vorträge, Manuskripte usw.“, Toppenstedt (1995) S.18