2007 Thale am Harz

Bericht über die Jahrestagung in Thale am Harz

vom 14. bis 17. September 2007

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Die Jahrestagung unserer Gesellschaft fand in diesem Jahr in Thale am Harz statt. Der Ort ist direkt am Austritt der Bode aus dem Gebirge gelegen. Er bietet einen guten Ausgangspunkt für Tagesfahrten zu interessanten Plätzen des nördlichen Harzgebirges und des nördlichen Harzvorlandes.

Am Freitag Abend bot der erste Vortrag einen Überblick und eine Zusammenfassung über die Labyrinthe Europas. Von den kretischen Labyrinth-Münzen mit der zugehörigen Sage vom Minotauros über den Krug von Tragliatella im Etruskerland bis zu den großen Rasen-Labyrinthen in Skandinavien und Deutschland führte der Vortrag. (Anläßlich einer früheren Jahrestagung von Ur-Europa hatten wir die Trojaburg von Steigra in Sachsen-Anhalt bereits besichtigt, die damals jedoch gerade renoviert wurde.) Viele dieser „Wurmlagen“ sind heute verschwunden, zerstört, überbaut. Führt man den Namen Troja auf „druia“ von „drehen/ drei/ verdrehen/ umgarnen/ in einer Falle fangen“ zurück, so kommt man dem Sinn näher: handelt es sich um die Darstellung des Gefängnisses der Sonne während der Winterszeit, aus dem sie sich dann im Frühjahr wieder herauswindet?

Der zweite Vortrag des Freitags wurde von einem Forscher gehalten, der sich schon seit Jahrzehnten mit dem nördlichen Harzrand beschäftigt. Der Vortragende hat in Jahrzehnten die Überzeugung gewonnen, daß die Varus-Schlacht im Jahre 9 unserer Zeitrechnung zwischen Harzrand und Halberstadt stattgefunden habe. Er durchforscht seit vielen Jahren auf sich allein gestellt und ohne öffentliche Förderung das gesamte Gebiet nach Spuren der Schlacht. Er legte die von ihm gefundenen Fakten dar. Die Stadt Halberstadt liegt heute seiner Ansicht nach auf dem ehemaligen Lager der Römer. In der Umgebung der Stadt haben sich sagenhafte Überlieferungen von der großen Schlacht erhalten, mit solchen direkten Überlieferungen kann keine andere Gegend Deutschlands aufwarten. Der Name „Teutoburger Wald“ stellt keinen Gegenbeweis dar, denn er ist erst nach „Auffinden“ der Schriften des Tacitus in Gebrauch gekommen. Dieses Gebirge hat früher immer nur der Osning geheißen Der Referent brachte eigene Fundstücke mit, die er in jahrelanger Feldarbeit aufgefunden hatte. Wir alle wissen von anderen Fällen, wie die Schul-Wissenschaft jeden Außenseiter mit Nichtachtung seiner Arbeit strafen kann.

Der Sonnabend ist jeweils der anstrengendste Tag für alle Teilnehmer. Er begann mit einem Vortrag über Rundkirchen. Im Mittelpunkt der Ausführungen stand der Dom zu Aachen, der von dem Fotografen Hermann Weisweiler in den 80-er Jahren in seinen astronomischen Bezügen genau beobachtet und dokumentiert worden ist. Die ursprünglich achteckige Form des Heiligtums machte es möglich, dieses außer für den Gottesdienst auch als riesige Kalender-Anlage zu betreiben und zu betrachten. Es wird daraus deutlich, daß auch im frühen Christentum durchaus noch das Bewußtsein heidnischer Traditionen und Wissenschaften fortlebte.

In einem kurzen Bericht verwies der nächste Referent auf die besondere Bedeutung der wissenschaftlichen Erkenntnisse Herman Wirths. Ausgehend von den Untersuchungen an den Giebelverzierungen friesischer Bauernhäuser kam er zu einer wegweisenden Deutung von Symbolen aus vorgeschichtlicher Zeit mit Hilfe der volkskundlichen Überlieferungen. Als Beispiel nannte der Vortragende den Kreis als Sinnbild des Horizonts und damit des Raumes sowie des „Umlaufs“ der Sonne als Sinnbild der Zeit. Der senkrechte Strich durch diesen Kreis, – wie in Bohuslän/Schweden auf Felsbildern zu sehen, – führte zur damaligen Erkenntnis von der Teilbarkeit von Raum und Zeit und damit zum Beginn der (Natur-)Religion unserer Vorfahren mit der Überzeugung von der göttlichen Ordnung auf dieser Welt und im Weltall, die es nur noch zu erforschen gilt.

Ähnlich verhält es sich mit den Großsskulpturen an Felsen, die Frau Dr. Neumann-Gundrum untersucht hat. Die dort dargestellte „Atemgeburt“ zeigt die Erkenntnis, daß das Leben eines Neugeborenen erst mit dem ersten Atemzug beginnt, – und andererseits mit dem Tode ausgehaucht wird. Beide Erkenntnisse unserer Vorfahren bezeugen ihre Freiheit von der Willkür eines erdachten „Gottes“ schon in frühester Zeit.

Die Zipfelmütze und das Volk der Zwerge waren das Thema des nächsten Vortrages. Diese kleinen, hutzeligen Wesen hausen in Höhlen, betreiben Bergbau und verstecken sich oft unter Tarnkappen vor den Menschen. Sie sind ein eigenartiges Volk und gehorchen anderen Gesetzen als die Menschen, haben ein besonderes Verhältnis zu Licht, zu Kristallen, zu Gold und anderen Bodenschätzen. Ihre spitzen roten Mützen kann man auch als Goldkegel oder Lichtkegel ansehen, vielleicht so etwas Ähnliches wie die spitzen Goldhüte der Bronzezeit? Die kleinen Leute wissen oft mehr vom Werden und Schicksal der Welt, und als uralt und weise sind sie in unsere Sagen und Märchen eingegangen.

Mit dem nächsten Vortrag stellte ein Forscher seine eigenen Findungen zum ersten Mal öffentlich vor. Gotländer am Externstein ? lautete seine Frage. Und er zeigte Großaufnahmen von gotländischen Bildsteinen, auf denen er Gegebenheiten dargestellt gefunden hatte, die ihn an Örtlichkeiten im Umfeld der Externsteine erinnert hatten. Dieser Vermutung war er weiter nachgegangen. Besonders hatte ihn die mehrfache Darstellung eines Liegenden unter einem Bogen auf den Bildsteinen an das bogenförmige sogenannte “Felsengrab“ am Fuße der Externsteine erinnert. Ob die dargestellten gotländischen Opfer-Handlungen (datiert ins +8. Jahrht.!) uns wirklich berechtigen, einen Menschen-Opferkult auch für die Externsteine anzunehmen, hielten die Zuhörer eher für unwahrscheinlich. Handelt es sich dort in Gotland doch offensichtlich um das von Herman Wirth sogenannte späte „Männer-Kriegerbund-Zeitalter“.

Die beiden nächsten Referenten stellten ihre eigenen Feldforschungen am Nordrand des Harz-Gebietes rund um Blankenburg vor. Aufbauend auf den Entdeckungen des Heimatforschers Walter Diesing stellten sie 12 verschiedene Kult(ur)stätten mit einem gemeinsamen Mittelpunkt bei Blankenburg fest, möglicherweise handelt es sich um ein geodätisches Vermessungs-System aus vorgeschichtlicher Zeit. Im Schnittpunkt der Linien fanden sie einen 8o cm hohen runden Granitstein, möglicherweise mit der Bedeutung eines Omphalos. Durch den Ausbau der Trasse B 6 n wurde archäologisch bestätigt, daß das gesamte Harz-Vorland seit über 7000 Jahren durchgängig besiedelt gewesen ist. Eine Vermessung des Geländes (Wegenetz) in megalithischer Zeit scheint deshalb nicht ausgeschlossen.

Auf der Sternenstraße 1 (nach Kaminski/Tränkenschuh) führte der nächste Referent seine Zuhörer von Gudensberg an der Eder, wo die vorige Jahrestagung von Ur-Europa stattfand, bis nach Oels in Niederschlesien. Sternenstraßen sind frühzeitliche Vermessungslinien, die während einer bestimmten Epoche unserer Frühgeschichte (-7000 v.d.Ztr.?) der Kontrolle des Neigungswinkels der Ekliptik gedient haben könnten. Es gab 15 Sternenstraßen, die sich in getaktetem Abstand vom Polarkreis bis nach Mittelägypten erstreckten. Die Sternenstraße 1 (Süd) (Stonehenge – Gudensberg – Görlitz) liegt am Rande bedeutender frühgeschichtlicher „heiliger“ Planetenberge/Vermessungsberge (Wilzenberg, Gudensberg, Landeskrone). Auch der heilige Berg der Niederschlesier, der Zopten, ist mit der Sternenstraße 1 über Brieg geodätisch vernetzt. Sie endet nach bisheriger Feststellung südöstlich der Oder bei Oels.

Ausgehend von der Beschreibung der alteuropäischen Großskulpturen durch Elisabeth Neumann-Gundrum ging der nächste Vortrag der Frage nach: Warum gerade an den Externsteinen Gestalten abgebildet sind, die in der Überlieferung der Menschheit Karriere als Gottheit einer Weltreligion gemacht haben. Gemeint sind die Archetypen Zwiesicht (Wotan/Mogon), Hängender (Wotan/Prometheus/Jesus), Kopfhöckriger (Buddha) und Kopfgeburt/Achselgeburt/Kniegeburt (Athene). Die Vortragende gab die Deutung, daß der Archetyp Atemgeburt als Hervorbringer von Beseelendem, Leben Gebenden, der eigentliche Urtyp der religiösen Vorstellungen in Alteuropa sein könnte, und durch die vier anderen Typen nur abgerundet und ergänzt werde. Die Externsteine mit ihren vielen Atemgeburten wären dann ein Urgrund der alteuropäischen Religionsgeschichte.

Der Sonntag ist jeweils einer Busfahrt in das Umland der Tagungsstätte vorbehalten. Sie führte uns in diesem Jahr natürlich in den nördlichen Harz, und zwar in das innere Bodetal zur Roßtrappe und zum Hexentanzplatz. Das wildromantische Bodetal ist das schroffste und steilste Hochgebirgstal unseres Landes nördlich der Alpen. Die Felswände der Schlucht fallen etwa 350 m steil zum Fluß ab. Beide Plätze sind auch schon seit Jahren als uralte Kultorte bekannt. Nach der Besichtigung der Teufelsmauer, einem seltenen geologischen Denkmal, brachte der Bus die Teilnehmer zur Ruine des Regensteins hinauf. Zwar hat die Nutzung als militärische Festung viele alte Spuren verschliffen oder vernichtet, aber dennoch ist eine ältere Nutzung teilweise noch deutlich erkennbar. Wie im Vorjahr hatten wir das Wetterglück auf unserer Seite und konnten einen herrlichen klaren Rundblick ins Harz-Vorland bis zu den Türmen von Halberstadt genießen. Sogar der Brocken zeigte sich unseren Blicken klar und ohne Wolken.

Die letzten beiden Vorträge am Montag Morgen beschäftigten sich mit den Oera-Linda-Handschriften aus den Niederlanden, die schon oft Thema bei Veranstaltungen unserer Gesellschaft gewesen sind. Der erste Referent berichtete von archäologischen Ausgrabungen am ehemaligen Ufer der Stadt Marseille, die in eine Zeit noch vor der Gründung der griechischen Kolonie dort zurückführen. Von diesen modernen Grabungen und ihren Ergebnissen hätte ein angenommener „Fälscher“ aus den Niederlanden nichts wissen können.

Der niederländische Schriftsteller Frans Los (1898 – 1974) hat sich viele Jahre mit der Übersetzung und der Datierung der alten Handschrift befaßt und verteidigt die Echtheit großer Teile. Er gibt uns Hilfen bei der Einordnung ihrer Datierung ins bisherige Geschichtsbild. Folgt man den Thesen der Chronologie-Kritik, so gewinnen die in der OLH angeführten Daten und ihre Berichte über große Naturkatastrophen eine neue Aktualität.

Der Vorsitzende der Gesellschaft Ur-Europa e. V. beschloß die Jahrestagung und wies gleichzeitig auf die weiteren Planungen hin: ein Seminar zum Thema „Die Römer im Norden“ im Februar 2008 sowie auf die nächste Jahrestagung 2008 – diesmal ganz im Süden des Landes.

S. Wellmer

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