Für die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung
Richtigstellung zu Bedenken gegen die Gesellschaft UR-EUROPA e.V.
In der Lippischen Landeszeitung in Detmold, wurde im April des Jahres 2011 vor der Gefahr rechten Gedankengutes gewarnt, wenn das SS-Ahnenerbe von Herman Wirth in der Nähe der Externsteine von der Gesellschaft UR-EUROPA e.V. ausgestellt werden sollte. Diese Warnung ist unnötig, die unterstellte Absicht falsch.
Der Rücktritt Wirths
Richtig ist, dass wissenschaftlich bedeutsame Zeugnisse vorgeschichtlicher Kultur Europas und aus Teilen der übrigen Welt von Professor Dr. Herman Wirth gesammelt und ab 1930 als Ahnenerbe ausgestellt wurde, 1937 jedoch von Himmler, von dessen SS übernommen und sodann für deren politischen Zwecke missbraucht wurden.
Darauf trat Wirth 1938 unter Protest zurück, verlor dabei alle Ämter, Ehrenvorsitze und Professuren, ebenso seine ursprüngliche Sammlung bedeutsamer Zeugnisse der Kultur Europas. Wirth wurde mit einem Hausarrest bestraft, erhielt zudem als Wissenschaftler ein Veröffentlichungsverbot und durfte bis 1945 nicht in seine holländische Heimat zurückkehren.
Neugründung 1954 in Marburg
Die 1928 gegründete Herman-Wirth-Gesellschaft wurde im Dritten Reich aufgelöst, 1954 konnte sie mit namhaften Wissenschaftlern der Universität Marburg neu gegründet werden. Später erhielt sie den Namen Europäische Urgemeinschaftskunde, nach einem Erbvertrag 1996 mit der Vorgeschichtsforscherin Dr. Elisabeth Neumann-Gundrum (Großskulpturenforschung) trägt sie nunmehr den Namen UR-EUROPA e.V. Bereits Jahrzehnte davor, wurde als gemeinnützig anerkannt.
Herman Wirth hat ab etwa 1960 eine neue vor-und frühgeschichtliche Sammlung anlegt und dafür zum Beispiel in Bohuslän/Schweden Abgüsse von Felsbildern mit symbolhaften Darstellungen angefertigt. Seine Arbeit, die symbolhistorische Methode war 1955 in der Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft in Münster erschienen.
Aber auch Grabstellen und andere volkskundliche Funde aus vielen Ländern konnten schließlich 1975 in Frommhausen ausgestellt werden. Die von Frau Neumann-Gundrum gesammelten Felsbilder vorgeschichtlicher Großskulpturen konnten im Herbst 1988 im Lippischen Landesmuseum in Detmold ausgestellt werden.
Bei keiner der beiden Ausstellungen handelte es sich um Exponate aus dem SS-Ahnenerbe, welche etwa in Horn hätten ausgestellt werden können.
Willy Brandts Treffen mit Herman Wirth
Willy Brandt (SPD-Vorsitzender, Berliner Bürgermeister, Bundeskanzler) besuchte 1979 Herman Wirth in Marburg persönlich und war von dessen Forschungsergebnissen sehr angetan. So sehr, dass er ihn an den Landrat Gustav Adolf Held in Kusel/Pfalz empfahl. Dieser wollte daraufhin die Burg in Thallichtenberg für Wirths Gesellschaft renovieren, um dort eine Ausstellung als Besuchermagnet einzurichten.
Dieses Vorhaben scheiterte, nachdem die Kultusministerin Renate Laurin (CDU) den Landrat Held (SPD) Aufgrund öffentlicher verleumderischer Aussagen eines Pfarrers Weidenkaff zum Rückzug zwang.
Kurz darauf, 1981 starb Wirth durch einen Schlaganfall. Bereits zuvor hatte er keinen Einfluss mehr auf die Führung der Gesellschaft; aber auch die vielen weiteren Vorstände waren oder sind weder Rassisten, Faschisten oder Antisemiten.
Alle seit 1985 jährlich, öffentlich abgehaltenen Vortragstagungen, die seit 2000 veröffentlichten Referate in Jahrbüchern, blieben ohne irgendeine Beanstandung von Seiten des Verfassungsschutzes oder anderer amtlichen Stellen.
Viele der auf den Tagungen vorgestellten neuen vorgeschichtlichen Entdeckungen wurden wissenschaftlich Jahre später von anderer Seite bestätigt, siehe Nebrascheibe.
Bei der wissenschaftlichen Erforschung europäischer Vor- und Frühgeschichte kann daher also von einem sogenannten rechten Gedankengut – auch bei der Gesellschaft UR-EUROPA e.V. oder in einer von ihr geplanten Ausstellung – keine Rede sein.
Dipl. Ing. Paul A. Rohkst
Bildquellen:
Wikipedia; Reiterdarstellung bei Litsleby, Detail, QbA